Vor allem mit der Herausgabe von Werken vergessener Schriftstellerinnen, die aus Österreich emigrierten und in Folge, anders als ihre männliche Kollegen, nach dem Zweiten Weltkrieg nicht wiederentdeckt wurden, erntete Eibl von der Presse nach dem Entstehen des Verlags 2014 schnell Anerkennung. Unter anderem verhalf der junge Verleger der Journalistin und Protagonistin der bürgerlichen Frauenbewegung, Elsa Jerusalem, mit der Herausgabe ihres einstigen Skandalromans „Der heilige Skarabäus“ erneut zu breiter Aufmerksamkeit.
Robert Fischer hat sich das mittlerweile um einige Titeln angewachsene Verlagsprogramm angesehen und zwei Bücher, die in den vergangenen Monaten im Verlag erschienen sind, für die Leser*innen der Kulturfüchsin herausgepickt.
Grete Hartwig-Manschingers „Rendezvous in Manhattan“
Grete Hartwig-Manschinger wurde 1899 in Wien geboren. Ihre Schwester war die ebenfalls jüngst wiederentdeckte Exilschriftstellerin Mela Hartwig. In Zusammenarbeit mit ihrem Ehemann, dem Komponisten Kurt Manschinger (1902–1968), verfasste sie zahlreiche Gedichte, Lieder, Sketche und Opernlibretti, die sie als Diseuse (Kabarettkünstlerin) auch selbst vortrug. Mit dem „Anschluss“ Österreichs 1938 floh das Paar Hals über Kopf nach Großbritannien, wo sie sich unter anderem im „Austrian Center“ das so genannte Laterndl-Theater engagierte. 1940 ging es schließlich weiter in die USA, wo Hartwig-Manschinger in New York ihren ersten Roman „Rendezvous in Manhattan“ – der 1948 wenig beachtet in Wien im Rudolf Cerny Verlag erschien – verfasste. Wie ihre Schwester Mela kehrte sie nie mehr in ihre Heimat zurück und starb 1971 in Florida. Ihr Wirken geriet im deutschsprachigen Raum nahezu vollständig in Vergessenheit. 2021 wurde „Rendezvous in Manhattan“ vom DVB-Verlag mit einem Nachwort des Historikers Vojin Saša Vukadinović – der sich unter anderem auch für die Wiederentdeckung von Mela Hartwig einsetzte – erneut herausgegeben.
„Rendezvous in Manhattan“ erzählt auf meisterhafte Weise die Liebesgeschichte zwischen einer aus ärmlichen Verhältnissen stammenden Arbeiterin, Edna Scarlatti, und einem begüterten Mann aus der Mittelklasse in den frühen 1940er Jahren – als die USA in den zweiten Weltkrieg eintraten. Schon damals zeigte Grete Hartwig-Manschinger mit ihrem Roman sehr anschaulich, dass der oft gepriesene und mythisch verklärte „American Dream“ mit Slogans wie „Vom Tellerwäscher zum Millionär'“ für die meisten ärmeren Mitglieder der Gesellschaft der USA für alle Ewigkeit eine Illusion bleiben wird. Das kapitalistische Märchen von Glück und Gerechtigkeit bleibt auch 2022 für die große Masse wie zum Beispiel den großen Teilen der farbigen Bevölkerung in den USA ein lebenslang unerfüllter Traum. Fazit: Eine großartige literarische Wieder-entdeckung, die nichts von Ihrer Aktualität verloren hat.
John F. Kennedy: „Das geheime Tagebuch“
Mit einem Tagebuch aus Jugendtagen des legendären US-Präsidenten John F. Kennedy (1917 – 1963) gelingt Verleger Albert C. Eibl ein weiterer Coup. Das Buch stammt von einer dreimonatigen Reise durch Europa und Nazideutschland im Jahr 1937, und wurde von Oliver Lubrich herausgegeben. Zusammen mit dem noch niemals publizierten Reisebericht des engen Kennedy-Vertrauten und Freundes Lem Billings und ergänzt durch zahlreiche bislang unveröffentlicht gebliebene Archivfotos und Dokumente aus den Jahren 1937, 1939 und 1945 ergibt sich ein ungefilterter Blick in die Gedankenwelt des damals 20-jährigen Studenten John F. Kennedy. Die beschriebene Reise ging 1937 über Frankreich, nach Spanien, in das faschistische Italien und nach Nazi-Deutschland. Die Berichte darüber inkludieren sowohl Privates als auch Politisches. Wenn man bedenkt, dass dieses Tagebuch jahrelang für jedermann einsehbar in der Bibliothek von John F. Kennedy in Boston auflag, ohne dass sich jemand wirklich dafür interessiert hat, ist die aktuelle Veröffentlichung nicht hoch genug zu schätzen.
Grete Hartwig-Manschinger: Rendezvous in Manhattan. Mit einem Nachwort von Vojin Saša Vukadinović. DVB Verlag GmbH: Wien 2021. 228 Seiten. Euro: 24. ISBN 978-3-903244-19-1.
John F. Kennedy: Das geheime Tagebuch. Mit einem Nachwort von Oliver Lubrich. DVB Verlag GmbH: Wien 2021. 224 Seiten. Euro: 22. ISBN 978-3-903244-18-4.
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